Die Lieblingsweingüter von Philippe Schreiber

 

Champagne Larmandier-Bernier, Vertus in der Champagne

Es gibt in der Champagne nur wenige Winzer, die echten Terroir-Wein herstellen. Larmandier Berniers Champagner basieren auf solchen Charakterweinen. Sie besitzen eine intensive mineralische und fruchtige Aromatik. Der Ausdruck und die finessenhafte Leichtigkeit dieser Blanc de Blancs Champagner kann süchtig machen. Besonders der reife Jahrgangschampagner aus dem Hause. Und das Beste ist für mich die niedrige Dosage: alle Champagner sind Extra Brut oder Brut nature. Also 0 bis 5 Gramm Restzucker – das lässt den Wein sprechen.

Weingut Bachmann-Greulich, Lorch im Rheingau

Der prägnante Internetauftritt des Weinguts sagt alles, warum ich mich für dieses Weingut entschieden habe. Besonders aber haben mich die extrem feinen, eleganten und ausdrucksstarken Rieslinge von Hubertus Bachmann und Markus Greulich überzeugt.

Mit diesem Gut haben sich die beiden Winzer ihren Traum erfüllt – und die Weintrinker haben ein neues Kleinod für sehr guten Rheingauer Riesling.

Weingut von Racknitz, Odernheim an der Nahe

Luise und Matthias von Racknitz-Adam haben das Weingut von ihren Eltern mit dem Jahrgang 2003 übernommen und seitdem eine brillante Serie von Weinen hingelegt. Überzeugt hat mich bereits der 2004-er, bei dem alle Feinheiten des guten Nahe-Rieslings auf den verschiedenen Schiefer- und Vulkangesteinsböden schon präsent waren. Von Anfang an einen guten Winzer zu entdecken und dabei zu sein, wie er sich entwickelt und immer feinere und raffiniertere Weine produziert – das ist uns als Weinhandlung Hardy hier sehr gut gelungen. Durch den Zukauf einiger Herzstücke in den besten Steillagen der Nahe hat das Weingut meine Erwartungen an beste Qualitäten mehr als erfüllt.

Jacques Puffeney, Arbois im französischen Jura

Jacques Puffeney ist als Winzer ein Urgestein wie man sie nur noch in den entlegenen Weingegenden dieser Welt anzutreffen vermag. Er hat ein Gespür für seinen Wein, das seinesgleichen sucht. Im Jura gibt es viele Rebsorten und Weine, die sonst nirgendwo angebaut werden. Dieses Weingut ist schon deswegen eine Trouvaille, da es hier alle Weinspezialitäten des Jura gibt. Der Ausbau der Weine findet in großen Eichenholzfässern statt. Sie werden ohne Schönung und Filtration abgefüllt, damit die natürlichen Qualitäten des Weines erhalten bleiben. Damit der Genießer viel Freude an den Weinen hat, werden sie erst verkauft, wenn sie die nötige Flaschenreife haben.

Von Jacques Puffeney gibt es bei uns die Weißweine Savagnin und Chardonnay, die Rotweine Trousseau und Poulsard und nicht zuletzt den legendären Vin Jaune und den raren Vin de Paille.

Domaine Vincent Gaudry, Sancerre an der Loire

Den folgenden Text habe ich 2008 geschrieben, er sagt so ziemlich alles über das Weingut und vor allem, warum es eines  meiner Lieblingsweingüter geworden ist:

Bei meinem letzten Besuch der weltgrößten Weinmesse in Bordeaux hatte ich eine Einladung von einer mir unbekannten Vereinigung von Biowinzern erhalten. Die Veranstaltung sollte in der Gegend der ehemaligen Hafenanlagen stattfinden. Eine Durchgangsstraße, aber außer einigen Hafenbecken mit verrottenden Schiffen und einer aufgegebenen Hafenindustrie war alles leer – völlig ausgestorben.

Ich suchte die richtige Hausnummer und landete auf einem riesigen Parkplatz: ein paar verlorene Autos; Mittagshitze. Es gab eine winzig wirkende Eingangstür in einer kolossalen Betonwand von 25m Höhe und 100m Länge. Nur ein kleines Schild am Eingang bewies, dass ich richtig war. Sehr einladend war das Ganze nicht. Auch beim Eintreten war mir etwas mulmig zumute, da nach der gleißenden Sonne des Parkplatzes, einen nichts auf die feucht-kühle Dunkelheit im Innern vorbereitete. Nachdem die Augen sich der Dunkelheit angepasst hatten, staunte ich nicht schlecht, als ich mich allein auf einem Ponton in einem von fünf riesigen Wasserbecken wiederfand.

Ich war in einem von den Deutschen im 2. Weltkrieg gebauten U-Boot-Bunker gelandet. Alle fünf Wasserbecken (ca. 15m x 80m) waren geflutet. Am anderen Ende des Gebäudes sah ich die enormen Tore durch die das Licht eindrang und alles in eine düster-unheimliche Stimmung tauchte. Nach Überquerung der Pontons und einiger Quais hatte ich die Biowinzer gefunden. Was für ein Veranstaltungsort!

Und die Weine?

Nach einigen nicht sehr überzeugenden Weinen, wollte ich nur noch probieren, was mich wirklich interessierte. Und das war vor allem ein Winzer aus Sancerre, denn da musste in meinem Sortiment dringend etwas Neues her. Nach kurzem Warten, konnte ich probieren. Die Nase ins Glas gesteckt, einmal kurz gerochen!?! Kaum etwas – das Glas zweimal kräftig geschwenkt – eine Offenbarung. So klar und rein wünscht man sich einen Sancerre. Konzentriert, reif, weiße Johannisbeere und Holunderblüte, knackig frisch und doch voll, so vielschichtig und so leicht gleichzeitig.

Und dann der zweite Wein aus alten Reben, verschlossener trotz ordentlichem Schwenken des Glases, aber vielversprechend, weich und geschmeidig – alte Reben zahlen sich aus. Dann der Sancerre ‚im Geiste Rudolphes’ – im Andenken an Rudolf Steiner, den Vordenker der biodynamischen Landwirtschaft. Ein Paket an Konzentration. Nicht mehr so schlank wie die beiden ersten, da der Wein ein Jahr in Fässern ausgebaut wird, aber ein Wunder an Aromatik und Ausdruck; Mineralität mit einer dezenten Holznote. Doch aus dem Staunen kam ich noch nicht heraus! Haben Sie schon mal einen Sancerre getrunken für den Sie 90–100 Euro pro Flasche im Fachhandel gezahlt haben? Ich wusste nicht einmal, dass es so etwas gibt.

Es wurde ein winziger Schluck dekantiert und erst dann bekam ich damit mein Glas gefüllt. Alles vorher schien mir schon außergewöhnlich, aber nun war ich mit meinem Latein am Ende. 300 Flaschen werden in guten Jahren hergestellt – und was für welche! Eine solche Power erinnerte mich eher an die großen Weißweine aus Burgund. Einen Corton-Charlemagne oder einen Bâtard-Montrachet. Aber diese sind aus der Chardonnay Traube. Das soll wirklich ein Sancerre aus der Sauvignon Blanc Traube sein? Gelbe und weiße Frucht, milde Walnuss sowie eine wunderbare Säure und ganz zum Schluss die Mineralität des Sauvignon. Ist das Glas geleert, kommen Himbeer- und Walderdbeer-Aromen. Dieser Wein wird ohne Schwefel und ohne jegliche Behandlung abgefüllt. Grandios, höchste Punktzahl.

Erstaunliche Weine in einem verrückten Ambiente. Ich habe die Weine einige Monate später dann noch einmal probiert und war noch immer so begeistert. Vincent Gaudry und Sylvie Godon sind überzeugte Vertreter von Rudolf Steiners Bio-Dynamik und leben die Philosophie regelrecht. Mond- und Sternenkalender spielen bei vielen Entscheidungen für den Weinberg eine wichtige Rolle. Pflanzentees zur Behandlung werden selber hergestellt, da alle nicht organischen Mittel verboten sind. Der Weinberg wird durch Einsaaten von allerlei wilden Gräsern und Kräutern zur Kulturlandschaft und zum Leben gebracht. Die Pflanzen gewinnen an Kraft, Energie und Charakter. Dieses überträgt sich auf die Trauben. Und nun fehlt nur noch der Winzer, der es versteht diese Qualität und Intensität durch gekonnte Weinbereitung in den Wein zu bringen. All das versteht man meisterlich auf der Domaine Vincent Gaudry. Dass der rote Sancerre Vincengétorix aus Pinot noir ein Ausbund an Frucht, Charakter und kraftvoller Eleganz ist, versteht sich bei dem vorher gesagten von selbst.

So machen Weine wieder Spaß, die aus Regionen kommen, in denen viele Winzer nur an den Kommerz denken und das Qualitätsstreben nicht mehr das wichtigste Leitziel ist.